Mein Arbeitstag
Obwohl mein Arbeitstag offiziell erst um 9:00 Uhr beginnt verlasse ich das Haus schon um kurz nach sieben. Der Weg is lang, aber es macht mir eigentlich nichts aus. Wenn man nichts zu tun hat fällt es einem leichter Vokabeln zu lernen ;) Und in der Elektritschka (entspricht der deutschen S-Bahn oder Regionalzügen) treffe ich dann auch immer jemanden mit dem ich mich unterhalten kann.
Wenn ich in Pavlovsk ankomme ziehe ich mich erst mal um, Standartoutfit ist Jogginghose, T-Shirt und- seit neustem- ein Kopftuch. Die Krankenschwester in meiner Gruppe stört sich an langen Haaren...
Danach geht es erst mal in die Küche einen Tee kochen und einen Keks schnappen und dann geht die Arbeit los.
Als erstes begrüße ich alle Kinder, dann fange ich an das Frühstück vorzubereiten, d.h. die Kinder in ihre Stühle zu setzen.
Fünf Kinder sitzen an einem kleinen Tisch und essen mehr oder weniger selbstständig, zwei können in speziellen Stühlen sitzen und mit Hilfe essen und ein Kind füttere ich auf dem Schoß. Die Kinder in den Spezialstühlen muss ich sehr schnell hinsetzen und der Sanitarka (Pflegerin) klarmachen, dass ich sie füttern möchte, sonst werden sie, wie alle Kinder die ich nicht füttere, einfach von ihr im liegen gefüttert. Oft reicht mir allerdings die Zeit nicht, was mir immer sehr leid tut. Wenn ich Glück habe füttert eine der Pädagoginen diese Kinder.
Sobald alle gegessen haben kommen die fitten 5 auf den Topf. In dieser Zeit muss ich, je nach Sanitarka die Lätzchen spülen, Tisch abwischen und Sasha füttern (das Kind das ich auf den Schoß nehme). Leider habe ich dafür nur ca. 20 Minuten Zeit, weil die Kinder läger nicht auf dem Topf sitzen sollen, was ja auch verstänlich ist.
Danach nehme ich sie vom Topf, wechsle die Windel wenn sie wirklich voll ist (es gibt chronisch zu wenig Windeln, da für jedes Kind nur 2 pro Tag vorgesehen sind. Freiwillige kriegen zwar mal Extrawindeln, aber es ist trotzdem immer knapp).
Wenn ich das alles erledigt habe habe ich Zeit dazu einzelne Kinder zu fördern, d.h. mit ihnen ins Spielzimmer oder nach draußen zu gehen, mit ihnen Laufen zu üben oder - gerade die schwächeren Kinder- einfach mal auf den Arm zu nehmen und ihnen was vorzusingen oder zu lesen.
Von 12:15 Uhr bis 12:45 Uhr habe ich Mittagspause, dannach findet das gleiche Programm wie am Morgen statt und ich putze den Kindern die Zähne.
Nun ja, das ist der planmäßige Ablauf. Aber die Kinder sind halt Kinder und noch dazu behindert und da kommt schon immer mal was dazwischen. Ksusha findet es zum Beispiel anregend den Inhalt ihrer Windel, bzw. ihres Topfes einmal über ihren kompletten Körper zu verteilen und ihn anschließend zu essen. Sie ist dabei sehr kreativ und geschickt und schafft es immer wieder sämtliche Barrieren, sprich Tücher, Bodies, Strumpfhosen die die Windel fixieren usw. , zu umgehen. Für mich bedeutet das eine Runde Baden extra.
Oder Danja beschließt dass genau der Moment zwischen Pampers und Topf der ideale Moment zum Pinkeln ist ;)
Außerdem gibt es ja noch Lena. Lena liebt es wenn ich nein sage. Das beindruckt sie wenig, bringt sie aber zum lachen. Ihre lieblingsbeschäftigung ist es andere Kinder die auf dem Topf sitzen auszuziehen oder an ihnen herumzuziehen bis diese weinen. Meistens habe ich in so einer Situation gerade ein Kind auf dem Wickeltisch und kann nicht weg. Hallelujah!
Aber es gibt auch wunderbare Momente. Zum Beispiel wenn Serjoscha mich jedes mal umarmt und mit mir kuscheln will wenn ich seine Windel gewechselt habe. Oder wenn Danja sich unglaublich freut, weil ich ihn durch die Luft schwenke. Oder wenn Ksusha sich an mich schmiegt wenn wir zusammen eine neue Strupfhose holen. Das macht dann die ganzen "Unfälle" wieder wett.
Die Beziehung mit den Sanitarkas ist manchmal gut und manchmal sehr schwierig. Es kommt immer darauf an wer gerade da ist. Manche geben mir Windeln und sich Mühe mein Russisch zu verstehen. Andere geben mir Extraaufgaben und weigern sich ohne Übersetzter mit mir zu sprechen. Zum Glück gibt es die Pädagoginnen, die mir viel zeigen und erklären können und auch einzelne Kinder fördern. Das hilft mir enorm, weil es manchmal schon schwierig ist zu entscheiden mit welchem der 12 Kinder ich etwas machen soll. Wenn ich aber weiß, dass einige an dem Tag schon von einer Pädagogin betreut werdem fällt die Auswahl leichter.
Ach ja, Donnerstag ist Banjatag. Das heißt alle Kinder werden gebadet. Zum Glück dürfen die Pädagogen und ich das Baden übernehmen, während die Sanitarka die Kinder auszieht. Die Sanitarkas tendieren nämlich dazu eher ruppig mit den Kindern umzughen. Da ist es nichts besonderes wenn sie die Kinder an einem Arm und einem Bein packt und sie so einmal quer durch den Raum trägt. Deshalb ist es denke ich auch wirklich wichtig und sinnvoll wenn die Freiwilligen die Kinder baden, auch wenn dann der Förderteil des Tages wegfällt.
Alles in allem ist die Arbeit sehr anstrengend, ich bin oft auch einfach körperlich müde, aber sie macht mir sehr viel Spaß und die Kinder wachsen mir immer mehr ans Herz. Ich denke ich muss noch viel lernen, was ich mit jedem einzelnen Kind machen kann und was es gerne hat und wie ich es fördern kann, aber ich denke das braucht auch einfach seine Zeit.
iowagirl am 08. Oktober 11
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das ist eine wertvolle und aber auch anstrengende Arbeit. Wenn Du das ein Jahr lang machst, zieh ich meinen Hut vor Dir!
Kannst Du für die Kinder etwas brauchen? Ich kenne immer Leute, die Kleidung oder Spielsachen aussortieren. So könnten wir was zu Euch schicken?!